STRATONIKEIA
Stratonikeia (latinisiert Stratonicaea) war eine antike Stadt in der kleinasiatischen Landschaft Karien, in der heutigen Türkei im Landkreis Yatagan (Provinz Mugla) beim Ort Eskihisar. Die Ruinen von Stratonikeia liegen unmittelbar an der Straße von Milas nach Mugla. In deren Nähe befinden sich – in wenig touristischer Umgebung – ein großes Kohlekraftwerk und riesige Marmorsteinbrüche. Falls diese bereits in antiker Zeit bekannt waren, könnte es die üppige Marmorausstattung, u. a. des Gymnasions, erklären. Zum Gebiet der Stadt gehörte das Hekate-Heiligtum in Lagina. Als Gründer der Stadt wird der seleukidische König Antiochos I. (regierte 281 – 261 v. Chr.) angesehen. Er soll den Ort nach seiner Stiefmutter bzw. seiner Frau Stratonike benannt haben. 270 v. Chr. übernahmen die Seleukiden die Macht über das antike Karien. Eine andere Erzählung über die Gründung besagt, dass diese durch Antiochos II. (regierte 261 – 246 V. Chr.) oder durch Seleukos II. (regierte 246 – 226/225 v Chr.) erfolgt sein könnte. In der Nähe von Stratonikeia hat es möglicherweise Vorgängersiedlungen hethitischen oder/und karischen Charakters gegeben.
Stratonikeia erlebte in hellenistischer Zeit mehrere Herrschaftswechsel, von den Seleukiden, zu den Rhodiern, dann zu den Makedonen und dann wieder zu den Seleukiden. Danach herrschte Rhodos im Ergebnis des Königsfriedens von Apameia 188 v. Chr. wieder über das bis zur Mittelmeerküste ausgedehnte Stadtgebiet. 167 v. Chr. verloren die Rhodier abermals Stratonikeia an die Römer. Diese erklärten es zu einer freien römischen Stadt mit entsprechenden Rechten für deren Bürger. Stratonikeia war Mitglied der Chrysaorischen Liga, ein Bund aller karischen Städte. Da sich die Römer zunächst schwer taten mit ihrer Machtausübung in dieser südlichen Mittelmeerregion, versuchte Stratonikeia selbst eine Vormachtstellung für sich aufzubauen. Dazu nutzte die Stadt die aus der mythologischen Erzählung entlehnten Kulte zu Ehren der heimischen Göttin Hekate als Schutzgöttin der Stadt mit dem 11 km entfernten Heiligtum in Lagina, Es wurde im fünfjährigen Rhythmus ein eigenes Fest für die Göttin eingerichtet (Hekatesia). Später wurde zusätzlich ein Zeus-Gott (Panamaros) mit einem Heiligtum als Schutzgott etabliert, wobei die Tempelanlage für ihn nicht bekannt ist.
Im Jahr 88 v. Chr. eroberte der Perser Mithridates VI. die Stadt. Der römische Feldherr Sulla erneuerte nach dem Sieg über den Perser im Jahr 81 v. Chr. den politischen Status von Stratonikeia als eine freie römische Stadt. Es war der Dank an die Stadt für ihre Treue zur römischen Republik. Die Angriffe der Parther im Jahr 40 v. Chr. führten zur Zerstörung der Tempelanlage, aber nicht zur Besetzung der Stadt. In der folgenden Zeit wiederholten sich die Angriffe auf Stratonikeia und auf die Tempelanlagen. Die Autonomie von Stratonikeia blieb unter der römischen Herrschaft in der Provinz Asia erhalten. Während der Auseinandersetzungen zwischen Octavian und Marc Anton unterstützte Stratonikeia den späteren Kaiser Augustus. Diese Treue wurde 39 v. Chr. von Octavian belohnt, indem er der Stadt mehrere Privilegien zukommen ließ, die 22 n. Chr. von Kaiser Tiberius (regierte: 14 – 37 n. Chr.) bestätigt wurden. Beide Kaiser unterstützten den Wiederaufbau des Tempels, was zu einer Festigung der ohnehin guten Beziehungen zwischen Stratonikeia und Rom beitrug. Nach dem schweren Erdbeben im Jahr 139 n. Chr. unterstützte der zu dieser Zeit regierende römische Kaiser Antonius Pius (regierte: 138 – 161 n. Chr.) den Wiederaufbau der Stadt. Nach 275 n. Chr. („hohe römische Kaiserzeit“) nahm Straonikeia das eigentlich durch die Kaiser verliehene Rangprädikat „Mutterstadt“ (ggf. Metropolis) für sich in Anspruch – wie es andere Städte zu dieser Zeit der römischen „Reichskrise“ auch taten. Damit verbanden sich Aufgaben für die Städte, u, a. die Ausrichtung von Kulthandlungen, Festen und Wettkämpfen zu Ehren der Kaiser, in Stratonikeia das Fest Hekatesia für die städtische „Schutzgöttin. Der Rang einer „Mutterstadt“ war mit dem Recht der Stadt verbunden, Anklagen gegen den Statthalter in Rom vorzutragen. Die Art und Weise des Niedergangs von Stratonikeia erschließen sich aus der zugänglichen Literatur kaum.
Die antike Stätte wurde 2016 und 2022 besucht. In dieser Zeitspanne wurden offenkundig einige Rekonstruktionsarbeiten ausgeführt und der Eingangsbereich der Anlage neugestaltet. In der antiken Kernstadt sind heute zwei Zentren erkennbar, ein „südliches“ mit den Ruinen einer Säulenstraße, eines marmorierten Gymnasions (105 m x 267 m) und eines teil-restaurierten Säulengebäudes (Prppylon?), sowie die Ruine eines römischen Bades und eines Bouleuterions aus dem 1. Jhd. v. Chr. Einige Meter von diesem Ruinenkomplex entfernt befindet sich das Theater von Stratonikeia mit seinen etwa 12000 Plätzen, das in hellenistischer Zeit (ca. 2. Jhd. v. Chr.) erbaut worden sein soll. Oberhalb des Theaters lag der Apollon-Tempel, von dem nur noch der Stylobat (Sockel) sichtbar ist.
Ein zweites, „nördliches“ Zentrum, das in severianischer Zeit, der „hohen Kaiserzeit“ im 2. Jhd. n. Chr., erbaut bzw. renoviert wurde, umfasst zwei Bögen des Nord-Tores (42,5 m breit) mit den zwischen den Bögen liegenden Resten eines halbkreisförmigen Nympheums und den davorstehenden Säulen mit korinthischen Kapitellen. An diesen Nordtor-Nympheum-Komplex schließt die in südlicher Richtung führende Kolonnadenstraße (Hauptstraße) an. Vom Nordtor führte die „heilige Straße“ zum 11 km entfernten Heiligtum der Göttin Hekata in Lagina. In der Literatur wird der Nordtor-Nympheum-Komplex von Stratonikeia als ein Beispiel für die Monumentalarchitektur der severianischen Kaiserzeit zum Ende des 2. Jhd. n. Chr. sowie als Beispiel typisch römischer Bogenmonumente gewertet. Beeindruckend an dieser Ausgrabungsstätte wirkt, dass frühere, nicht-antike Wohn- und Geschäftshäuser nach wie vor – allerdings ungenutzt – im Gelände stehengelassen wurden. Das verleiht dem antiken Ort zusätzlichen Charme. Artikel bei Wikipedia zu: STRATONIKEIA, KARIEN, NORDTOR und SULLA
Quellen: Kleinasien 3, Jenseits des Mäander Karien mit dem Vilayet Mugla, Verlag W. Kohlhammer GmbH, 2. Auflage 1985, G.E. Bean (Übersetzung: J. Wiesner, U. Pause-Dreyer), S. 91-96 / Dumont Reise-Handbuch Türkei, Westtürkei – Zentralanatolien, @ DuMont Reiseverlag, 1. Auflage 2011, H. E. Latzke (V. Ohl & W. Dorn), S. 245 / Geschichte Kleinasiens in der Antike, @ Verlag C. H. Beck oHG München, 2. durchgesehene Auflage 2010, Chr. Marek (P. Frei), S. 274, 290, 293, 350, 523590/ Griechische Mythologie, Verlag Michalis Toubis S. 17 & 53, Athen, @1995, Sofia Souli, Übersetzung. H. E. Langenfass, S. 24-29, 55, 59, Bildnachweise: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/69/Stratonicee_Sebasteion.JPG?uselang=de, https://www.bodrumlife.com/en/?s=Stratonikeia
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